Oberkörper Arzt in weißem Kittel von Schultern bis zur Hüfte, Arme vor der Brust verschränkt, in einer Hand ein Stethoskop

Untersuchungsanordnung

Im Zusammenhang mit dem Streit um die Dienstfähigkeit von Beamten, insbesondere der isolierten Anfechtbarkeit von Untersuchungsanordnungen, gab es in den letzten Jahren einige interessante höchstrichterliche Entscheidungen.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Beschluss aus dem Jahr 2022 (BVerfG, Beschluss vom 14.01.2022 - 2 BvR 1528/21 -) der Verfassungsbeschwerde einer Beamtin der Telekom gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg stattgegeben. Der Beschluss habe die Inanspruchnahme fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes gegen die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung in unzumutbarer Weise ausgeschlossen und verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
Die Begründung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichtshof stützte sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2019 (BVerwG, Beschluss vom 14.03.2019 -   2 VR 5.18 -), wonach eine Untersuchungsanordnung als bloße Verfahrenshandlung gemäß § 44a Satz 2 VwGO nicht gesondert mit Rechtsmitteln angreifbar sein soll. Folglich sollten Beamte/Beamtinnen lediglich auf den Rechtsschutz gegen die, der Untersuchung nachfolgenden Zurruhesetzungsverfügung, verwiesen sein.
Jedoch ist § 44a VwGO nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verfassungskonform derart auszulegen, dass die Vorschrift der Zulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersuchungsanordnung nicht entgegen stehe. Die Untersuchungsanordnung könne zu anderen Verletzungen materieller Rechtspositionen - als denen durch die abschließende Sachentscheidung oder durch das Rechtsschutzverfahren gegen eine Zurruhesetzungsverfügung - führen.
Bereits mit Entscheidung vom 21.10.2020 (BVerfG, Beschluss vom 21.10.2020 – 2 BvR 652/20) hatte das Bundesverfassungsgericht klar gestellt, dass eine Untersuchungsanordnung in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 GG eingreift, weshalb der Anordnung nur dann Folge zu leisten sei, wenn ein hinreichender Anlass für die Untersuchung bestehe und das Maß des Untersuchungsumfangs nicht über das, zur Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten Erforderliche, hinausgehe. 

Eine lediglich inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens würde voraussetzen, dass der Beamte oder die Beamtin der Anordnung des Dienstherrn, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nicht nachkommt. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 14.01.2022 - 2 BvR 1528/21 - Rn. 26) zufolge ist dies jedoch unzumutbar. Zwar bestehe auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.05.2013 - 2 C 68.11 -) keine Verpflichtung einer rechtswidrigen Untersuchungsanordnung Folge zu leisten. Dabei treffe den Beamten jedoch ein erhebliches Prognoserisiko. Darüber hinaus setzten sich Beamtinnen und Beamte, die der Untersuchungsanordnung nicht nachkommen, der Gefahr disziplinarrechtlicher Sanktionen aus,  denn nach § 44 Abs. 6 BBG bestehe bei Zweifeln über die Dienstfähigkeit die Verpflichtung, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Komme der Beamte einer entsprechenden Weisung nicht nach, begehe er ein Dienstvergehen (vgl. § 77 Abs. 1 BBG). Aus der Möglichkeit einer disziplinarrechtlichen Sanktion allein ergebe sich die Unzumutbarkeit, der Untersuchungsanordnung nicht zu folgen. Komme der Beamte der Untersuchungsanordnung nach, sei ihm nachträglicher Rechtsschutz im Zurruhesetzungs-verfahren nicht mehr möglich, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 26.04.2012 – 2 C 17.10 – Rn. 18) das Untersuchungsergebnis unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung verwertbar sei (BVerfG, Beschluss vom 14.01.2022 - 2 BvR 1528/21 - Rn. 32). Ebenso wenig stehe nachträglicher Rechtsschutz zu Verfügung, wenn die ärztliche Untersuchung die Dienstfähigkeit zum Ergebnis habe und schon keine Zurruhesetzungs-verfügung ergehe oder wenn der Beamte eine breit angelegte Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung befolge, die nur in einzelnen Bereichen zu einer Dienstunfähigkeit führe, auf die die Zurruhesetzungsverfügung gestützt werde. Dabei werde dem Beamten abverlangt, einen möglicherweise rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ohne hinreichend effektive Rechtsschutzmöglichkeit hinzunehmen.